Studie: Mediennutzung von Ukrainer:innen in Deutschland

  • Dezember 5, 2023
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Im Auftrag des ECPMF und des JX Funds hat das Umfrageinstitut forsa erstmals das Mediennutzungsverhalten ukrainischer Geflüchteter untersucht. Am häufigsten genutzt werden soziale Medien und Messenger-Dienste, allen voran Telegram und YouTube. Unter den nicht-ukrainischen Medien sind die Deutsche Welle und die BBC am populärsten.

Ukrainische Geflüchtete in Deutschland nutzen zur Informationsbeschaffung am häufigsten soziale Medien oder Messenger-Dienste, allen voran Telegram (78%), WhatsApp (68%) und YouTube (63%). Die Mehrheit der Befragten (57%) nutzt außerdem regelmäßig Online-Nachrichtenportale oder, zumindest gelegentlich, Apps von Zeitungen, Fernseh- oder Radiosendern (44%), wobei jedoch fast ausschließlich (85%) auf kostenfreie Angebote zurückgegriffen wird.

Die meisten Ukrainer:innen (62%) geben an, ihr Informationsverhalten nach dem Umzug nach Deutschland nicht verändert zu haben. Ein Drittel informiert sich jedoch seither zusätzlich über andere Medien als vorher. Als Grund dafür wird am häufigsten das Interesse an vielfältigen Perspektiven und unterschiedlichen Quellen genannt.

Bei der Nutzung klassischer Medien liegt unter den ukrainisch-sprachigen der private TV-Sender 1+1 (10%) vorn, bei den deutschsprachigen die Deutsche Welle (23%) und bei den anderssprachigen Medien die BBC (29%). Im Glaubwürdigkeits-Ranking steht die Deutsche Welle (66%) noch vor der Ukrayinska Pravda (61%) und der BBC (60%).

Mehr als drei Viertel der Befragten (78%) fühlen sich über persönliche Kontakte und Gespräche am besten über die Geschehnisse in der Ukraine informiert. Lediglich ein Drittel (34%) fühlt sich seit der Flucht nach Deutschland vom Geschehen in der Ukraine abgeschnitten.

Die drei Themen, über die sich ukrainische Geflüchtete am häufigsten informieren, sind das Kriegsgeschehen in der Ukraine (86%), das politische Tagesgeschehen in dem Land (68% ) und Themen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt in Deutschland (55%). Eine Mehrheit (65%) findet es richtig, dass Journalist:innen während eines Krieges nicht über alles berichten dürfen, was sie während der Arbeit erfahren.

„Die Umfrage zeigt erstmals, wie sich ukrainische Geflüchtete in Deutschland informieren – und die überragende Bedeutung direkter, persönlicher Kommunikation. Messenger-Dienste sind eine wichtige Quelle, auch mit ihren thematischen Gruppen und Kanälen“, sagt Lutz Kinkel, Geschäftsführer des Europäischen Zentrums für Medien und Pressefreiheit (ECPMF). „Bemerkenswert ist auch die positive Bewertung der Deutschen Welle, sie zeigt nicht nur die Bekanntheit, sondern auch die Wertschätzung des Senders.“ Die Umfrage soll nach Kinkels Angaben helfen, die Informationsbedarfe ukrainischer Geflüchteter in Deutschland besser zu verstehen – auch, um ukrainischen (Exil-)Medien dabei zu helfen, ihr Publikum zielgerichtet anzusprechen.

„Es ist bezeichnend, dass die Mehrheit der Befragten angibt, ihr Informationsverhalten nach ihrer kriegsbedingten Flucht nicht geändert zu haben“, sagt Penelope Winterhager, Geschäftsführerin des JX Fund. „Die meisten Geflüchteten informieren sich weiterhin über ukrainischsprachige Medien, die aus dem Land heraus berichten. Das zeigt, dass das ukrainische Mediensystem trotz der kriegsbedingten Schwierigkeiten weiter funktioniert.“

Im Rahmen der Untersuchung wurden insgesamt 508 nach einem systematischen Verfahren ausgewählte Personen ab 18 Jahre befragt, die aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind. Die Erhebung wurde vom 1. April bis 17. Juli 2023 mithilfe einer Online-Befragung durchgeführt. Die Befragten hatten die Möglichkeit, die Fragen in ukrainischer oder russischer Sprache zu beantworten.

Lesen Sie hier den vollständigen Bericht

Die Umfrage würde ermöglicht durch Unterstützung der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien im Rahmen der Hannah-Arendt-Initiative.